Die Gesundheitssysteme im deutschsprachigen Raum
Matthias Egger, Thomas Dorner, Beate Land, Nicole Steck
Als Gesundheitssystem bezeichnet man die Gesamtheit der Einrichtungen, deren Aufgabe es ist, die Gesundheit einzelner Menschen und die der gesamten Bevölkerung zu erhalten, zu fördern und wiederherzustellen sowie Krankheiten vorzubeugen. Gesundheitssysteme können sehr verschieden organisiert und finanziert werden. In diesem Kapitel vergleichen wir zuerst die Organisation, die Kosten und die Qualität der Gesundheitssysteme in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland. Wir beleuchten die Rolle, die der Staat in den jeweiligen Gesundheitssystemen übernimmt und betrachten die Organisation der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie Kosten, Vergütung und Finanzierung der Leistungen. Dabei gehen wir auch auf verschiedene Aspekte des Versicherungswesens ein.
Alte Schweizerische Lernziele: CPH 4, CPH 24
Profiles für das gesamte Kapitel 3:
GO 1.22, GO 1.24, GO 1.25, GO 2.5, GO 4.6 bis GO 4.8, GO 5.1, EPA 9
Auf dieser Seite finden Sie die in diesem Kapitel verwendeten Literaturquellen, Hinweise zu empfohlener Vertiefungsliteratur, ergänzende Tabellen und Boxen sowie weiterführende Internetquellen zum Thema.
Literaturquellen Schweiz
- Bundesamt für Gesundheit (BAG, Schweiz). Krankenversicherung. Risikoausgleich.
- Bundesamt für Statistik (BFS, Schweiz). Kosten und Finanzierung des Gesundheitswesens 2018: Provisorische Daten.
- Bundesamt für Statistik (BFS, Schweiz). Hilfe und Pflege zu Hause.
- Bundesamt für Statistik (BFS, Schweiz). Spitäler.
- Mesnil M. Schweizer Apotheken 2015. PharmaSuisse.
- Oggier W. Gesundheitswesen Schweiz 2015-2017. Eine aktuelle Übersicht. Bern: Hogrefe, 5. Aufl 2015.
- Widmer W. Einführung in das Gesundheitswesen der Schweiz. Für Gesundheits- und Sozialberufe. Zürich: Verlag Careum, 2. Aufl. 2016
Literaturquellen Österreich
- Baldaszti E, Statistik Austria (Hrsg.). Jahrbuch der Gesundheitsstatistik. Verlag Österreich GmbH. Wien, 2018
- Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (Hrsg.). Handbuch der österreichischen Sozialversicherungsträger 2018
- Hofmarcher MM. Das österreichische Gesundheitssystem: Akteure, Daten, Analysen. European Observatory on Health care Systems. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2013.
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK; Hrsg.). Österreichische Gesundheitsbefragung 2019. Hauptergebnisse des Austrian Health Interview Survey (ATHIS) und methodische Dokumentation. Wien, 2020.
Literaturquellen Deutschland
- Bundesärztekammer. Ärztestatistik zum 31. Dezember 2018;
- Deutsches Ärzteblatt. Streit um Zahl der Pflegekräfte in Deutschland vom 17. Oktober 2018;
- Deutsche Apotheker Zeitung vom 16.08.2019, Daten des ABDA: Apothekenzahl sinkt auf 19.268
- GKV Spitzenverband. GKV-Kennzahlen
- Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J. Krankenhausreport 2019. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, 2019
- Land B. Das deutsche Gesundheitssystem – Struktur und Finanzierung. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, 2018
- OECD Statistics. Health Care Resources , 2019
- Prütz F, Rommel A. Inanspruchnahme ambulanter ärztlicher Versorgung in Deutschland. Journal of Health Monitoring, 2017; 2(4); DOI: 10.17886/RKI-GBE-2017-116
- Rosenbrock R, Gerlinger T. Gesundheitspolitik. Eine systematische Einführung. 3. Aufl. Bern: Hans Huber, 2014
- Schelhase, T. Statistische Krankenhausdaten: Diagnosedaten der Krankenhauspatienten 2017. IN: Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J (Hrsg.). Krankenhaus-Report 2019. Berlin/Heidelberg: Springer, 2019, S. 271-296.
- Schölkopf M, Pressel H. Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich. Gesundheitssystemvergleich, Länderberichte und europäische Gesundheitspolitik (Health Care Management). Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 3. Aufl. 2017
- Schwinger A, Klauber J, Tsiasioti C. Pflegepersonal heute und morgen. IN: Jacobs K, Kuhlmey A, Greß, S, Klauber J, Schwinger A (Hrsg.). Pflege-Report 2019. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, 2019, S. 3-21
- Simon M. Das Gesundheitssystem in Deutschland: Eine Einführung in Struktur und Funktionsweise. Bern: Hogrefe, 6. Aufl. 2017
- Statistisches Bundesamt. Gesundheitsausgaben nach Leistungsarten, 2019;
- Verband der Privaten Krankenversicherung. Zahlenbericht der Privaten Krankenversicherung 2018
Empfohlene Vertiefungsliteratur
- Bachner F, Ladurner J, Habimana K, Ostermann H, Habl C. Das österreichische Gesundheitswesen im internationalen Vergleich. Wien: Gesundheit Österreich GmbH, 4. Ausgabe 2015
- Busse R, Blümel M, Ognyanova D. Das deutsche Gesundheitssystem. Akteure, Daten, Analysen. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2013
- OECD (Hrsg.). Health Statistics 2017.
- Rendi-Wagner P. Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.). Rahmen-Gesundheitsziele. Richtungsweisende Vorschläge für ein gesünderes Österreich. Langfassung. Wien 2012, Ausgabe 2017 mit aktualisiertem Vorwort
- Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (OBSAN). Zulassungsstopp für Ärztinnen und Ärzte in Praxen – Entwicklung des Ärztebestands. Obsan Bulletin 4/2015
- Schweizerische Eidgenossenschaft. Der Bundesrat. Bundesrecht. Gesundheit – Arbeit – Soziale Sicherheit
Sehr empfehlenswert für die vertiefende Beschäftigung mit den Gesundheitssystemen anderer Länder sind die als kostenlose PDFs im Internet veröffentlichten Länderberichte der Reihe „Health System Reviews“ des European Observatory on Health Systems and Policies.
Hier finden Sie u.a.
- Busse R, Riesberg A. Gesundheitssysteme im Wandel: Deutschland. Kopenhagen: WHO Regionalbüro für Europa im Auftrag des Europäischen Observatoriums für Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitik, 2005.
- De Pietra C. Camenzind P, Sturny I et al. Health Systems in Transition. Switzerland. Health system review Vol. 17, No. 4 2015.
- Hofmarcher MM. Health Systems in Transition. Austria. Health system review Vol. 15, No. 7 2013.
Zusätzliche Web-Boxen
Web-Box 3.2.1 Zulassungsstopp adieu, willkomen Managed Care!
In der Schweiz gab es von Mitte 2002 bis Ende 2011 einen Zulassungsstopp für neue Arztpraxen. Man wollte auf diese Weise die Kosten eindämmen, da jede neue Praxis die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) zusätzlich belastet. Insbesondere wurde befürchtet, dass mit dem Inkrafttreten des freien Personenverkehrs zwischen der Europäischen Union (EU) und der Schweiz am 01.06.2002 viele ÄrztInnen aus der EU in der Schweiz eine Praxis eröffnen würden. Trotz Zulassungsstopp konnten die Kantone allerdings nach wie vor gezielt Praxen zulassen, z.B. im Bereich der Grundversorgung.
Im Hinblick auf die Aufhebung des Zulassungsstopps sind die Meinungen geteilt. Besonders die kantonale Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) ist wenig erfreut: Ihrer Ansicht nach geht damit ein wichtiges Steuerungsinstrument der Kantone verloren. Die GDK geht davon aus, dass in den nächsten Jahren deutlich mehr ausländische SpezialistInnen in die Schweiz kommen werden. Diese Zuwanderung werde aber nichts an dem Problem ändern, dass es in der Schweiz außerhalb der Ballungszentren zu wenige Grundversorger gibt. Die Verbindung der Schweizer Ärzteschaft (FMH) nahm dagegen von Beginn an eine kritische Haltung zum Zulassungsstopp ein. Ihrer Ansicht nach war dieser eine negative Botschaft an den Ärztenachwuchs. Das Land habe hierdurch Hausärzte verloren, weil sich junge ÄrztInnen notgedrungen zu Spezialisten hätten ausbilden lassen, statt eine Praxis zu gründen. Laut FMH-Ärztestatistik hat die Anzahl der im ambulanten Sektor tätigen ÄrztInnen seit 2004 trotz Zulassungsstopp kontinuierlich zugenommen. Dies ist auf die nicht konsequente Durchsetzung des Zulassungsstopps durch die Kantone und auf die Anstellung von zusätzlichen ÄrztInnen in bestehenden Arztpraxen zurückzuführen. Möglicherweise wären jedoch ohne Zulassungsstopp mehr SpezialistInnen aus dem EU-Raum zugewandert.
Anstelle des Zulassungsstopps sollen jetzt Managed Care-Modelle gefördert werden. Darunter versteht man Versorgungsmodelle, die die beteiligten Behandlungseinrichtungen miteinander vernetzen und den gesamten Prozess der Leistungserbringung zentral steuern. Dies kann mit oder ohne finanzielle Beteiligung der Leistungserbringer am Versicherungsrisiko erfolgen. Hierdurch sollen nicht nur Kosten eingespart werden. Man möchte auf diese Weise auch die Qualität der medizinischen Versorgung sichern und noch steigern. Solche Modelle werden treffender auch als Integrierte Versorgung bezeichnet. Die Versicherten verpflichten sich hierbei, sich im Krankheitsfall stets zuerst an den gleichen Leistungserbringer (Gatekeeper) zu wenden. Dabei handelt es sich meistens um eine vernetzte Hausarztpraxis oder um eine HMO (Health Maintenance Organization). HMOs sind Gruppenpraxen mit fixem Gesamtbudget, die die Bereitstellung und Finanzierung einer umfassenden medizinischen Versorgung übernehmen. Bei ihnen fällt aufgrund des fixen Gesamtbudgets der Anreiz zur Mengenausweitung weg.
Der Begriff des Managed Care stammt aus den USA, wo bereits um 1930 erste Modelle entstanden. Die Schweiz gilt hier als europäischer Pionier. Schon am 1. Januar 1990 wurde in Zürich-Wiedikon die erste HMO in Europa gegründet. Allerdings haben sich integrierte Versorgungsmodelle in der Schweiz bisher nicht durchsetzten können. Im Jahr 2011 waren nur etwa 15% der Bevölkerung in Managed Care-Modellen versichert. Die vom Schweizer Parlament Ende September 2011 beschlossene Teilrevision des KVG zielt darauf ab, diesen Anteil zu steigern. Versicherte, die nicht in einem Managed Care-Modell versichert sind, müssen sich nun stärker an den Kosten beteiligen. Gegen diese Gesetzesänderung wurde unter dem Motto »Nein zum Managed Care Zwang – Freie Arztwahl für alle« das Referendum[1] ergriffen.
[1] Referendum : In der Schweiz kann das Volk Parlamentsentscheide durch eine Volksabstimmung umstoßen oder bestätigen.
Internetquellen zum Thema
Schweiz
Institutionen mit Funktionen innerhalb des schweizerischen Gesundheitssystems
- Bundesamt für Gesundheit BAG
- Bundesamt für Sport (BASPO)
- Bundesamt für Statistik
- Schweizerisches Gesundheitsobservatorium: Gesundheitsfacjkräfte – Pflegepersonal
- Schweizerisches Gesundheitsobservatorium: Gesundheitsfachkräfte – Ärztinnen und Ärzte
- Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan)
- Konferenz der kantonalen GesundheitsdirektorInnen GDK
- Schweizerische Gesundheitsligen-Konferenz (GELIKO)
- Schweizerischer Apothekerverband
- Schweizerische Rettungsflugwacht REGA
- Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung
- Schweizerisches Heilmittelinstitut Swissmedic
- Schweizerisches Rotes Kreuz
- Schweizerische Unfallversicherungsanstalt SUVA:
- Selbsthilfe Schweiz
- Spitex Verband Schweiz
- Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz
- Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz interpharma
- Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH
- Verband Schweizer Krankenversicherer santésuisse
- Verband Schweizer Spitäler H+
Schweizerische Bundesgesetze im Gesundheitsbereich
- Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG):
- Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG)
- Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG)
- Bundesgesetz über die Forschung am Menschen (Humanforschungsgesetz, HFG)
Schweizerisches Vergütungssystem
- Swiss DRG
- Einzelleistungstarif TARMED
- Bundesamt für Gesundheit BAG: Spezialitätenliste (SL)
- Bundesamt für Gesundheit BAG: Mittel- und Gegenstände-Liste (MiGeL)
- Bundesamt für Gesundheit BAG: Analysenliste AL
- Schweizerisches Heilmittelinstitut swissmedic: Wirkstoffliste
- Bundesamt für Statistik: Kosten des Gesundheitswesens
- Schweizerisches Gesundheitsobservatorium OBSAN: Kosten im Gesundheitssystem
- Schweizerisches Gesundheitsobservatorium OBSAN: Kosten und Finanzierung
Deutschland
Überblick über die Organisation des deutschen Gesundheitssystems
- Das Gesundheitssystem. Der Staat setzt den Rahmen. Die medizinische Versorgung gestalten die Partner der Selbstverwaltung (Poster, August 2019). Download möglich unter: Link
Zentrale Institutionen des deutschen Gesundheitssystems
- Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
- Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS)
- Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)
- Deutscher Pflegerat (DPR)
- Kassenärztliche Bundesvereinigung (KVB)
- Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZVB)
- Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
- Verband der privaten Krankenversicherung (PKV)
Daten des deutschen Gesundheitssystems
- Statistisches Bundesamt – Das Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes
Weitere Daten sind auf den Internetseiten der oben genannten zentralen Institutionen des deutschen Gesundheitssystems erhältlich.
Rechtsvorschriften zum deutschen Gesundheitssystem
- Das Justizministerium stellt ein Internetangebot zur Verfügung, auf dem alle relevanten Rechtsvorschriften in ihrer jeweils aktuellen geltenden Fassung erhältlich sind: Gesetze im Internet
(All accessed 17 October 2023)